Benutzungsgebühr Kindertageseinrichtungen

Dr. Joachim Dinkelacker – GR 07.12.2016, Vorlage 176/1

Schon bei der Zustimmung zur letzten Erhöhung der Benutzungsgebühren im März 2015 haben wir Freien Wähler die Verwaltung aufgefordert, eine Überarbeitung des Gebührenmodells in Angriff zu nehmen, um erkennbare Verwerfungen auszugleichen. Manche Eltern forderten damals zum Teil recht emotional mehr Gebührengerechtigkeit. Unsere Fraktionskollegin Corina Raisch, die damals die Stellungnahme für unsere Fraktion hielt, stellte die Frage in den Raum, “kann ein Gebührensystem jemals von allen als gerecht empfunden werden?“

Eltern wollen bei Kinderbetreuungsgebühren eine nachvollziehbare, transparente Gestaltung. Zur Erarbeitung einer neuen Gebührenstruktur unter Beibehaltung von einkommensabhängigen Gebühren hat die Verwaltung  den Gesamtelternbeirat (GEB) zur Mitarbeit eingeladen. Die sehr engagierten Elternvertreter des GEB haben mit großem Zeitaufwand vorgearbeitet, eine Umfrage unter Eltern durchgeführt und erste Berechnungsvorschläge vorgelegt. Diese Vorschläge waren das Grundgerüst, das im Kindergartenausschuss mit Verwaltung, GEB, kirchlichen und freien Trägern und Vertretern der Fraktionen weiter entwickelt wurde. Wie immer in solchen Gremien gab es bei den Diskussionen Hürden, Holperer, Hoffnungen, auch Missverständnisse und Emotionen, aber in zahlreichen wichtigen Punkten schließlich einen Kompromis – glaubten wir Fraktionsvertreter wenigstens.

Leider sehen offenbar Manche oder Einzelne ihre Vorschläge nicht genügend berücksichtigt, wie wir jetzt in den neuen Medien und bei öffentlichen Veranstaltungen erleben.  Ich möchte aber lieber auf neun wesentliche Punkte eingehen, wo sich der GEB mit seinen Vorschlägen wiederfinden kann:

  1. Die Gebühren sollen transparent und nachvollziehbar sein.
  2. In Simulationsrechnungen sollen zur Vergleichbarkeit dieselben Erträge erwirtschaftet werden wie 2015, wobei man allerdings bei der Berechnung der höheren Einkommen auf Zahlen des Statistischen Landesamts angewiesen war.
  3. Die Gebührenkalkulation erfolgt auf Basis eines Stundenkostensatzes.
  4. Es wird ein gleicher Stundenkostensatz für Ganztagesbetreuung (GaTa) und für verlängerte Öffnungszeiten (VÖ)  angesetzt.
  5. Es werden flexiblere Buchungsmöglichkeiten angeboten, insbesondere im Krippenbereich, sofern die Einrichtung dies  jetzt schon räumlich und personell leisten kann. (Diese Einschränkung muss man machen).
  6. In der neuen Struktur werden  – sozial besser abgestaffelt – 9 Einkommensstufen dargestellt, anstelle von  bisher nur 6  Stufen.
  7. Bei höheren Einkommen wird die Steuerprogression in der Tabelle mit einem  Ermäßigungsfaktor pro Einkommensstufe berücksichtigt.
  8. Die als Grundstufe bezeichnete höchste Stufe 9 wird ab 95.001 € Bruttoeinkommen festgelegt.
  9. Überarbeitung der Kinderstaffel mit anderer, nachvollziehbarer sozial verträglicher Abstufung.

* * *

Kinderbetreuung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und wird von der Verwaltung, vom Gemeinderat und den meisten Bürgern genauso wahrgenommen.  Es ist einfach sachlich falsch, wenn von Eltern vorwurfsvoll gefragt wird: Warum trägt nicht die Gemeinschaft aller Bürger diese Aufgabe als  ein Solidarpakt, denn Kinder sichern unsere Renten?

Richtig ist, der größte Posten im städtischen Haushalt sind die Kosten für Kinder, Jugendliche und Schulen – und das ist gut so.  Aber es gilt zu bedenken, allein die Kosten für Kindertagesstätten steigen von  10,2 Mio.€ im Jahr 2015 auf 12,8 Mio.€ im kommenden Jahr. Das ist ein Anwachsen um 2,6 Mio.€.oder 25,5%  Zusätzlich steuert das Land z.B. 2016 noch  4,3 Mio.€ für den Kindergarten- und Krippen-Bereich aus Steuermitteln bei. Eine grundsätzliche und durchgehende Gebührensenkung, ist im städtischen Haushalt somit ganz sicher nicht darstellbar, ohne andere Pflichtaufgaben nicht zu erfüllen. Diesen Fakten kann sich eigentlich niemand verschließen. Und eine Lohnerhöhung für Erzieher und Erzieherinnen um 4% im letzten Jahr, die denen von Herzen gegönnt sei, schlägt sich auch irgendwo in den Kosten nieder.

Im Vergleich zwischen der alten und der neuen Gebührenordnung zeigt sich, dass sich sowohl im GaTa -Bereich der Krippe als auch im Kindergarten bei Ein- und Zwei-Kind-Familien selbst in der Stufe ab 95.001 € KEINE oder keine wesentliche Gebührenänderung ergibt. Das ist schon erwähnenswert und wird von den Leuten, die heute vor der Tür lautstark protestieren, einfach ignoriert.

In allen anderen Stufen liegen die Gebühren durchweg NIEDRIGER.

Lediglich bei den verlängerten Öffnungszeiten (VÖ) kommt es ab Stufe 6 (über 65.000 €) aufgrund der Berechnung der genauen Stundenkosten zu höheren Beiträgen; das soll nicht verschwiegen werden. Es ist aber zu beachten, dass es im Krippenbereich bisher gar keine Möglichkeit gab, verlängerte Öffnungszeiten zu buchen, sondern nur die Ganztagesbetreuung!

Einen Vergleich der Kindertagesstätten-Gebühren Ostfilderns mit anderen Städten hat geringen informatorischen Wert. Denn jede Kommune hat einen anderen Aufwand an Kosten für Erzieher und Erzieherinnen (d.h. mehr Beschäftigte, mehr Kosten und mehr Defizit), es entstehen andere Kosten für bestehende Gebäude, Gebäudeabschreibungen und für Kindergartenneubauten, die in unserer Stadt in letzter Zeit zahlreich waren und sind.

Wenn eine Stadt prosperierende Einnahmen hat, wie z.B. Stuttgart – hier war im Jahresrechnungsabschluss 2015 ein Plus von 245 Mio. € zu verzeichnen –  dann können natürlich auch höhere Zuschüsse zu den Kinderbetreuungsgebühren geleistet werden.

Man kann es allerdings auch wie Stadt und Land Berlin machen und – wohlgemerkt als Nehmerland beim Länderfinanzausgleich – kostenlose Kindertagesstätten anbieten.

Motto: Verschon‘ mein Haus, zünd‘ andere an !

Wir Freien Wähler sind der Ansicht, dass dieses Gebührenmodell zukunftsfähig ist und man mit diesem weiterarbeiten kann. Wie von der Verwaltung schon ausgeführt wurde, muss aber über die Ertragssituation und eventuelle Verwerfungen noch vor den kommenden Sommerferien dem Gemeinderat berichtet und evlt. nachjustiert werden. Einen längeren Zeitraum kann man dem Fachbereich nicht einräumen, denn zur Haushaltsaufstellung müssen die Zahlen vorliegen! Das ist sportlich, aber notwendig.

Wir Freien Wähler werden den Beschlussanträgen der Vorlage 176/1 zustimmen..

Wir beantragen aber folgenden Punkt in den Beschlussantrag aufzunehmen:

Die Schulkindbetreuung wird zum nächst möglichen Zeitpunkt mit einer eigenen Satzung von der der Kindertagesstättenbetreuung abgekoppelt.

Begründung: Die Finanzierung erfolgt hier mit einem kleinen Zuschuss des Landes durch die Stadt. Mit anderen Trägern muss nichts abgestimmt werden.

Es wird bei der Finanzierung mit einem anderen notwendigen Kostendeckungsgrad durch Elternbeiträge gerechnet.  

Für die Fraktion:
Dr. Joachim Dinkelacker

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